Der ominöse Dreier

 

 

 

 

 

 

 

Foto: AdobeStock

 

Wenn ein Dreier noch auf deiner Bucket List steht, solltest du das vorher wissen…

 

Wie lernt man Menschen für einen Dreier kennen?

Ich bin sexy aufgestylt in Pencil Skirt, Corsage und High Heels. Ich bin ein wenig aufgeregt, denn heute gehe ich mit einem bekannten Pärchen auf eine 20er Jahre Fetisch Party.

Die Lokation ist super passend mit viel dunklem Holz eingerichtet, Elektroswing tönt durch die Hallen und überall sind Spieltische aufgebaut. Die Herren sind teilweise schick im Smoking, manchmal aber auch in ausgefallenen Leder-Outfits. Die Damen sieht man mit glitzernden Halsketten, die zwischen nur mit Nipple Pasties bedeckten Brüsten schwingen, oder in kurzen Kleidern mit atemberaubenden Absätzen, über das Parkett tanzen.

 

Ich möchte mit einer Frau flirten

Ich bin fröhlich und in Flirtlaune. Doch irgendwie reizen mich die Herren der Schöpfung heute einfach nicht und so halte ich meine Augen aufmerksam auf die Damen gerichtet. Bisher hat es in meinem Leben nur für ein paar kurze Küsse mit einer Frau gereicht, aber ich werde immer neugieriger. Es verlangt mich nach mehr. Als ich sie ansehe, funkt es. Leider ist sie in Begleitung von zwei Herren. Der eine scheint ihr Partner zu sein. Immer wieder werfen wir uns verstohlene Blicke durch den Raum. Als wir endlich ins Gespräch kommen, ist die Spannung in der Luft fast greifbar. Die Herren sind spendabel und bringen uns Getränke von der Bar. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, ich fühle mich freudig erregt. Der zweite Herr kommt mir immer näher, aber so richtig bin ich nicht interessiert. Sie hält mich in Bann geschlagen.

 

Ich küsse sie

Die Stimmung wird von Minute zu Minute elektrischer. Wir ziehen uns zu viert zurück in einen Raum mit einem großen, ausladenden Himmelbett. Ich küsse sie, Herr Nr. 2 küsst mich, sie küsst ihren Partner, wir küssen uns wieder. Wir verlieren jedes Zeitgefühl und bekommen Lust auf mehr. Doch dies ist der falsche Ort und so brechen wir in der Morgendämmerung auf und fahren zu viert in ihre nahegelegene Altbauwohnung.

Und auf einmal sind wir wieder alle ganz entspannt. Wie Freunde eigentlich. Wir machen uns Sandwiches und lachen zusammen. So richtig passt es jetzt nicht mehr. Sie möchte auch schnell schlafen gehen. Ist müde. Ich lasse mir ihre Nummer geben und mache mich auf den Weg nach Hause.

 

Mein erstes Date mit einer Frau

Es ist zwei Wochen später und ich bin mit ihr in einer Berliner Urkneipe in Prenzelberg verabredet. Wir setzen uns direkt an den Bartresen und wärmen uns mit einem Moscow Mule auf. Wir sind beide ein Alter und haben kaum Erfahrung mit anderen Frauen. Sie gesteht mir, dass sie Angst hat, eine andere Frau in ihre Beziehung zu lassen, aber die Neugier überwiegt. Eigentlich würde es mir reichen, nur Sex mit ihr zu haben, aber das traue ich mir nicht zu sagen.

Wir lachen den Abend viel. Immer wieder versucht sich ein Mann in unser Gespräch einzumischen, scheitert aber kläglich. Wir verstehen uns blendend.

Zum Abschied frage ich sie, ob ich sie nochmal küssen darf. Wir küssen uns. Ganz zart und unglaublich sanft. So viel anders als die Küsse mit Männern.

 

Mein erster Dreier

Zwei oder drei Wochen später schreibt sie mir spontan. Eigentlich bin ich in meiner Abendplanung nicht sehr flexibel, aber ihr Angebot reizt mich. Sie geht mit ihrem Partner wieder auf eine 20er Jahre Party. Diesmal ohne Fetisch, dafür im Wintergarten Berlin. Die Neugier packt mich. Ich sage zu.

Als ich eintreffe bin ich überwältigt und fühle mich tatsächlich in die 20er Jahre zurückversetzt. So viel Glitzer und Glamour. Die Herren in schicken Anzügen mit Hosenträgern und Hüten, die Frauen in sexy Franzen- und Paillettenkleidern, umhängt mit Perlenketten und geschmückt mit Federn und Masken. Ich liebe es.

Eine Life-Swing-Band heizt die Menge ein, die extra aufgebauten Spieltische laufen heiß und der Absinth fließt in Strömen.

Der Morgen dämmert fast, als wir zu zweit an der Bar sitzen, schäkern und an unserem Absinth nippen. Ganz schön eklig das Zeug. Sie schaut mir tief in die Augen und bittet mich um einen Kuss. Ich nicke ihr kaum merklich zu, als unsere Lippen sich schon nähern. Kurze Zeit später gesellt sich ihr Partner zu uns. Der letzte Spielstein ist verspielt. Wir sind bereit zu gehen.

 

Ich bin fasziniert von der Intimität zwischen ihnen

Wir halten uns lachend an den Händen und torkeln ihm hinterher. Die Fahrt ist kurz, seine Wohnung liegt nur wenige Minuten entfernt.

Kaum angekommen, finden wir uns auch schon im Schlafzimmer wieder. Ich spüre Hände und Münder überall. Alles ist ein bisschen verschwommen. Der Absinth wirkt nach. Zwischendurch komme ich mir vor wie ein heimlicher Beobachter. Ich betrachte, wie er in sie eindringt und bin fasziniert von der Intimität zwischen den Beiden. Komme mir aber seltsam am Rande vor. Ich küsse ihn zwar auch, lasse mich berühren und berühre zurück, aber ich will keinen Sex mit ihm im klassischen Sinne haben. Ich habe ja bisher kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Wie könnte ich dann Sex mit ihm haben? Auch habe ich ihre Aussage, dass sie Angst hat, jemanden in die Beziehung hineinzulassen, noch im Hinterkopf. So fühle ich mich zusätzlich auch etwas gehemmt und nicht wirklich frei, alles zu tun, wonach mir gerade der Sinn steht.

Alles ist sehr aufregend, aber seltsam zugleich. Irgendwann schlafen wir erschöpft und benebelt ein.

Ich möchte einfach nur weg

Als ich aufwache, scheint mir die Sonne direkt ins Gesicht. Ich liege zwischen ihren beiden Körpern gebettet. Die Sonne blendet. Ich fühle mich unruhig. Ans Einschlafen ist nicht mehr zu denken. Vorsichtig stehe ich auf, gehe ins Bad und weiß nicht so richtig etwas mit mir anzufangen. Als ich wieder ins Schlafzimmer luge und die beiden so friedlich dort liegen sehe, fühle ich mich fast wie ein Störenfried. Unmöglich mich wieder dazu zu legen. Ich habe nur noch das Bedürfnis weg von hier zu kommen. Schnell ziehe ich mich an, verabschiede mich von ihr mit einem flüchtigen Kuss und stolpere ins Freie.

Ich muss mich erstmal orientieren, wo ich bin. Mein Handyakku ist leer, wie komme ich jetzt nach Hause? Ich stehe seltsam neben mir, fühle mich irgendwie sehr traurig. Gleichzeitig benutzt, obwohl die ursprüngliche Initiative ja von mir aus ging. Ich bin verwirrt. Naja, denke ich mir, jetzt hattest du wenigstens Mal einen Dreier…

 

Drei Jahre später

Ich befinde mich auf einem Tantra-Abend. Wir lernen hier Grenzen zu setzen, Wünsche äußern, Ängste aussprechen, ganz bei uns zu sein und uns selbst Freude zu schenken. Immer wieder treffe ich bei den verschiedenen Partnerübungen auf eine zauberhafte Frau.

Bei der letzten Übung für den Abend kommen wir tief ins Gespräch. Tauschen uns darüber aus, was uns hierhergeführt hat und was wir in Zukunft noch zu erfahren wünschen. Dabei erzählt sie mir, dass sie gerne ihrem Freund einen Dreier zum Geburtstag schenken möchte. Ich werde neugierig, da die beiden ein wirklich hübsches Paar sind, zu dem ich mich hingezogen fühle. Aber ich habe Angst. Was, wenn ich mich danach wieder so bescheiden fühle, wie nach dem letzten Mal? Möchte ich das wirklich? Aber die Beiden scheinen mir achtsam und bewusst zu sein. Nicht jeder setzt sich immerhin mit Tantra auseinander. Und so tausche ich heimlich mit ihr die Nummern aus. Mal sehen, was das Universum für mich bereit hält.

 

Ein Date zu Dritt

Einige Wochen später bin ich zu einem Date zu Dritt eingeladen. Als ich an der Wohnung klingle, pocht mir das Herz bis zum Hals. Die Tür öffnet sich und sie empfängt mich mit einem nervösen Lächeln.

Als ich das Wohnzimmer betrete bin ich ganz berührt. So viel Mühe haben sich die Beiden gegeben. Im Hintergrund läuft leise Musik. Matten, Decken und Kissen liegen ausgebreitet, Kerzen und kleine Lampen erfüllen den Raum mit sanfter Gemütlichkeit. Kleine Häppchen stehen bereit und der Duft von Kakao schwebt durch die Luft.

Als wir uns setzen, unterhalten wir uns zunächst über das Tantra-Seminar und über ein geplantes Festival. Dabei schlürfen wir den Kakao. Meine Nervosität fällt langsam von mir ab. Bevor wir beginnen, legen wir Grenzen fest. Jeder soll sagen, was er / sie sich vom Abend wünscht und wovor er / sie Angst hat. Ich wünsche mir, dass ich mit beiden richtig Sex haben darf und befürchte, dass das mit der Verhütung nicht so richtig läuft. Ich möchte bei jedem Wechsel ein neues Kondom.

 

Der zweite Dreier

Wir sind alle drei ein bisschen unsicher, wie wir nun starten sollen. Also beginnen wir mit einer klassischen Massage. Er wird zuerst verwöhnt. Und plötzlich ist alles im Fluss. Alles fühlt sich natürlich an, als ob es so sein soll. Die Kleidungsstücke fallen herab. Ich spüre eine unglaubliche Liebe in mir aufsteigen. Ich möchte geben und schenken und bin entzückt wir bereitwillig mir zurückgegeben wird. Die Lust ergreift mich, doch ich lasse mich nicht von ihr Wegtragen. Ich möchte alles bewusst und aufmerksam erleben. Ich genieße es ihn leidenschaftlich zu küssen und sie über mir vor Lust erbeben zu sehen. Ihn dann kraftvoll in mir zu spüren, nur um mich danach wieder erschöpft von ihr halten zu lassen, während sich ihre Lippen seinem Penis widmen. Ich koste jede Sekunde aus, präge mir jede Berührung ein und fühle mich zutiefst beseelt.

Danach liegen wir uns erschöpft zu Dritt in den Armen und lauschen den Klängen der Musik. Als ich mich ein paar Stunden später verabschiede, fühle ich mich immer noch wie berauscht. Das Glück und die Liebe pulsieren in mir.

Die nächsten Tage nach diesem Dreier fühlte ich mich wie in einer kleinen Blase. Fast wie auf Wolken laufend. So eine liebevolle Erfahrung hätte ich mir auch in meinen wildesten Träumen nicht vorstellen können.

 

Und was lernen wir nun daraus?

Achtsamkeit, Achtsamkeit, Achtsamkeit.

Achtsam mit sich selbst sein, achtsam mit dem Partner sein. Grenzen setzen und offen und ehrlich kommunizieren. Wenn schon der Sex zu Zweit manchmal beschissen ist, weil wir uns nicht trauen, über unsere Ängste, Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen, wie soll denn das Bitteschön erst zu Dritt funktionieren? Sex kann so viel mehr sein, als reines Druckablassen und Bedürfnisbefriedigung. Er kann ekstatisch sein und uns ins Welten tragen, von denen wir noch nicht einmal geahnt haben, dass es sie gibt. Sex kann der körperliche Ausdruck von Liebe sein. Sex heißt auch das Wertschätzen des / der Partner, ohne immer nur an sich selbst zu denken.

Ein bewusster und achtsamer Umgang mit der Sexualität kann so unglaublich erfüllend sein. Übe es offen und ehrlich zu kommunizieren. Geht dir etwas zu schnell oder fühlst du dich unwohl, so sprich es aus. Wir können alle nicht Gedanken lesen. Wie sollte mein erstes Paar wissen, dass ich mich schlecht fühle, wenn ich versucht habe das Unwohlsein zu überspielen?

Und setze dich mit dir selbst auseinander. Ich war ja gewissermaßen überfordert von der Situation meines ersten Dreiers, weil ich mir nicht eine Sekunde vorher Gedanken darüber gemacht habe, was das für mich bedeuten könnte. Ich war gewissermaßen von den negativen Gefühlen überrascht worden, da ich mich damit nicht im Geringsten vorher auseinandergesetzt hatte.

 

Achtsamkeit muss geübt werden

Und zuletzt, sei mutig es immer und immer wieder zu versuchen. Auch ich habe immer mal wieder schlechten Sex, weil ich zurück in alte Muster falle. Das ist nicht schlimm, denn Übung macht den Meister. Nur weil ein Mal Scheiße war, heißt es nicht, dass es immer so sein muss. Wir entwickeln uns ja auch weiter. Bewusstsein und Achtsamkeit in der Sexualität ist nicht von jetzt auf sofort da. Versuche insgesamt in deinem Leben Achtsamkeit zu integrieren und es wird sich auch auf deine Sexualität auswirken. Du wirst sehen, es wird all die Mühe wert sein. 

Gastartikel von Luisa Lilli Herrlich / www.lustliebeheilung.de