Kuscheln

 

 

Körperkontakt und Berührungen sind ein menschliches Grundbedürfnis. Eine Berührung ist nicht nur ein angenehmes Gefühl – liebevolle herzliche Berührungen sind notwendig für ein gesundes Immunsystem, mental-geistige Gesundheit und die Entwicklung unseres Gehirns und Nervensystems. Für Babys ist Körperkontakt essentiell. Sie lernen, sich über Körperkontakt zu fühlen, sich zu definieren und entwickeln so ihre Sinne. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass sich Babys ohne, oder mit zu wenig Körperkontakt, langsamer entwickeln und emotional unausgeglichener sind. Auch für Erwachsene gilt: wir sind glücklicher und zufriedener in unserem Leben, wenn wir ausreichend kuscheln und Berührungen erhalten. Durch liebevollen Körperkontakt werden Glückshormone produziert und Stresshormone abgebaut. Im Nervensystem wird der Parasympathikus, der zuständig für Erholung und Regeneration ist, angeregt. Somit werden Herzschlag, Atmung und Blutdruck normalisiert. Dies alles führt auch dazu, dass unser Immunsystem gestärkt wird.

 

Berührungen, vor allem wenn sie absichtslos sind, sind ein Mittel der nonverbalen Kommunikation. Sie drücken unsere Gefühle aus und bereiten uns Vergnügen. Berührungen sind geheimnisvoll, magisch und wundervoll. Sie sprechen unser Herz direkt an und geben uns ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit.

 

Kuschelparty

Als Kuschelparty wird eine organisierte Veranstaltung bezeichnet, bei der untereinander fremde Personen in bequemer Kleidung auf ausgelegten Matten oftmals stundenlang miteinander kuscheln, ohne dabei sexuelle Absichten zu verfolgen. Die Kuschelparty hat ihren Ursprung in der aus New York stammenden «Cuddle Party». Die Teilnehmenden sind durchschnittlich zwischen dreissig und fünfzig oder mehr Jahre alt und das Verhältnis der Geschlechter ist fast ausgeglichen. Die Cuddle Party wurde 2004 in New York vom Sexualtherapeuten Reid Mihalko und seiner Partnerin, der als Beziehungsberaterin arbeitenden Marcia Baczynski, erfunden. Das ursprüngliche Ziel der Erfinder war es, neuen Schwung in die bereits existierenden Beziehungen ihrer Klienten zu bringen, da sich der tägliche persönliche Körperkontakt zwischen den Partnern auf ein Minimum beschränkt hatte. Zur ersten Cuddle Party luden Mihalko und Baczynski befreundete Musiker, Produzenten und Schauspieler in Mihalkos New Yorker Apartment ein. Mit dieser ersten Kuschelparty wurde eine regelrechte Bewegung losgetreten. In Deutschland wurden die ersten Kuschelpartys im Jahr 2005 in Berlin veranstaltet. In der Schweiz finden seit 2009 Kuschelpartys statt. Kuschelpartys verbinden Kuscheln und Nähe mit der Möglichkeit, Gefühle und Erfahrungen zu teilen.

 

Die Europäer vereinsamen. Das langsame Verschwinden von Grossfamilien, die Anonymität von Städten und die längeren Arbeitszeiten mit wenig Freizeit können zu Gefühlen der Vereinsamung bei den Menschen führen. Sich gegenseitig auf eine zwanglose Art und Weise zu berühren, kann deshalb bei vielen Menschen bereits eine nahezu therapeutische Wirkung erzielen. Es existieren mittlerweile verschiedene Arten von Kuschelpartys: Je nach Zielgruppe gibt es Partys für Männer, Frauen, gemischtes Publikum, älteres Publikum und Singles. Die Kuscheltrainerin LuicAnna Braendle kommt in einer qualitativen Studie im Rahmen ihrer Abschlussarbeit des Lehrgangs «Intervention und Beratung im Bereich Sexualität» an der Universität Innsbruck zum Schluss, dass Kuscheln das Selbstwertgefühl langfristig verbessert und die Körperwahrnehmung sowie die Selbstakzeptanz stärkt. Dadurch erhöht sich der Mut, auf andere Menschen zuzugehen und mehr in Kontakt und Berührung zu sein. Die Teilnehmenden können ihre Bedürfnisse und Grenzen besser wahrnehmen und dazu stehen. Dadurch können auch traumatisierte Menschen Nähe wieder ausprobieren und geniessen. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass es eine wichtige Wirkung von Kuschelerfahrungen ist, dass die Menschen lernen, zwischen erregendem, partnersuchenden und absichtslosem, entspanntem Kontakt zu unterscheiden. Dadurch wird tiefe Entspannung und Stressminderung möglich.